2011
Laura Gebetsroither, grafik
Inga Hehn, Lithographie
Franz Anton Obojes, Zeichnung / Tusche / Kugelschreiber
Dem Triebhaften, Verborgenen, Lustvollen, undefinierbar Anwesenden, dem Unheimlichen ausgiebig frönen!
Eine Parallelwelt des reizvoll Morbiden, des gefährlich Verworrenen eröffnet sich und überdauert dunstschwebend halbe Jahrhunderte, um neu geatmet zu
werden.
Eigenbrötlerischer Aberglaube, Halbwahrheiten, Witzgeschichten und in jedem Sinne Gespenster im Kopf.
Eine gezeichnete Wundergruselkammer.
Im Kubins Schaffen und in seiner Gestalt lässt sich viel Geheimnis spüren - dem können wir immer neue Winkel, Blicke und Hallen schenken, aber wohl nirgends benetzter als in diesen Gemäuern.
Idee / Konzept für den oö kunstverein: Birgit Petri
2014
Petra Braun / Julia Hinterberger / Armin Pils
Hubert ebenberger
holger jagersberger
kristyna krabatschova
Hanne römer
Sie hat etwas entdeckt.
Das hat sie eingesteckt.
Eingeschoben und in ihrer Hand gehalten.
Sie hat es zu den anderen
gelegt,
vorsichtig auf die Tischplatte.
Er hat etwas gesehen.
Das sieht er gerne.
Er nimmt es mit, er fragt es:
Wie willst du werden?
Wo möchtest du sein?
Er macht es neu, er legt es zu den anderen
auf die Wachstischdecke.
Gefundenes, Verwandeltes, Behandeltes, vom Alltag Gezeichnetes, Gestorbenes, Recyceltes, zu neuem Leben Erwecktes, Zweckentfremdetes ist nicht selten Grundlage für künstlerische Arbeit.
Im Kubinhaus Zwickledt werden mit IN MY POCKET Werke versammelt, denen Spuren von Fingern und Geschichten nicht fremd sind.
An ein Ignorieren der Künstlerperson Alfred Kubin im Kubinhaus Zwickledt ist gar nicht zu denken! Vielleicht liegt es an der Abgeschiedenheit, die es Kubin
ermöglichte, sich seine Mauern ganz und gar zu Eigen zu machen – ein Umstand, der ihn bis heute an diesem Ort präsent sein lässt. Das Kubinhaus war auch zu Lebzeiten Alfred Kubins ein abgelegener
Hof in dünn besiedelter Ländlichkeit. Der Zeichner scheute das Reisen nicht, und doch ist an seinen Spuren erkennbar, wie sehr das Kreisen im eigenen Universum fern der Zivilisation sich in Wesen
und künstlerischer Arbeit manifestiert. In diesem Sinne ist IN MY POCKET auch ein Aufgreifen der Kubin’schen Entscheidung zum zurückgezogenen Leben, selbstdosiert in Interaktion
tretend.
Und so tragen wir als Besuchende Alfred Kubin in unseren Jackentaschen. Wir halten ihn, wie Kinder die Kastanien in ihren (in die Manteltaschen geschobenen) Händen
halten – umschließend, spielend, gedankenverloren, mit warmen Fingern. Überlegungen werden angestellt, und sie wandern in die Taschen zu der Kubin-Kastanie – als bunte Murmel vielleicht. Später,
nach einiger Zeit nehmen wir das Herumgetragene (mit unseren Tapsern und Staubkörnchen benetzt) auf den Tisch. Dann plötzlich ergibt alles ein Bild und einen neuen Sinn.
Gefundenes, Verwandeltes, Behandeltes, vom Alltag Gezeichnetes, Gestorbenes, Recyceltes, zu neuem Leben Erwecktes, Zweckentfremdetes.
IN MY POCKET setzt gleichsam voraus, dass es diesen Ort tatsächlich gibt, an den man das Gefundene bringt (wie das Eichhörnchen die Nüsse zur Baumwurzel, wie die Katze den getöteten Vogel vor deine Füße). Eindrücke, Gegenstände, Ideen, Freunde, Gemüse, Holz, Papier, Briefe, Träume, Phantasien, Liebeskummer, Geliebte, Einsamkeit, Steine werden eingesammelt und ins eigene, abgeschiedene, verschachtelte, intime Universum getragen, in dem es möglicherweise – wirtschaftslageabhängig oder berufsbedingt – an Einkünften und Vergütungen mangelt und sich die Sicherung der Existenzgrundlage problematisch darstellt, in dem aber in Aura und eventuell in Verschrobenheit hingebungsvoll gebadet werden kann.
Es ist nicht verwunderlich, dass Kinder im Spielen erstmals nach ihrer Phantasie und nach Gefundenem greifen. So sehr diese Fähigkeit des denkenden, träumenden,
künstlerisch wirkenden Geistes als Gewinn gesehen werden kann – es lebe die Bohrmaschine aus alten Eierkartons – so wichtig ist es doch auch, den diskursiven und realen Brückenschlag von der
Überlebenskunst Kunst zu einem finanziell gesicherten KünstlerInnen-Dasein zu schaffen, in welchem die Not nicht grundsätzlich und selbstredend zur Tugend gemacht werden müssen sollte
– für das Schaffen der Kunstwerke reicht keine papierne Bohrmaschine. Der Titel IN MY POCKET darf also durchaus auch als das Gähnen der Leere in den Geldtaschen vieler hauptberuflicher
KünstlerInnen gelesen werden.
Wir wagen mit IN MY POCKET mehrere Sprünge rund um die materiellen und immateriellen Reichtümer in unseren Manteltaschen und Sprünge rund um Kubin.
Idee / Konzept für den oö kunstverein: Birgit Petri